Bald startet im ZENTRUM wieder der Comedy- und Kabarettherbst und bringt große Namen wie Christoph Sieber, Vince Ebert und Florian Schroeder nach Bayreuth. Den Auftakt bestreitet am 29. September Autor und Lesekabarettist Patrick Salmen. Wir sprachen vorab mit ihm über sein aktuelles Programm „Ekstase“, in dem er herrlich selbstironisch auf aktuelle Trends eingeht.
bayreuth4U: Nachdem dein Auftritt mehrfach verlegt werden musste, bist du im September endlich wieder in Bayreuth zu Gast. Wie fühlt es sich an, nach so langer Zeit wieder vor Publikum aufzutreten?
Patrick Salmen: Es fühlt sich an wie ein großer Segen. Ich habe die freie Zeit erst mal genießen können, weil das meine erste größere Pause nach zehn Jahren war. Nach etwa einem halben Jahr habe ich aber schon richtige Entzugserscheinungen gehabt und gemerkt, wie wichtig mir Livekultur ist und dass es mir sehr viel gibt, vor echten Menschen zu lesen und sie zum Lachen zu bringen. Mein einziger Auftritt während Corona war in einem Autokino und das war das Desillusionierendste, was ich jemals getan habe. Lichthupen und Scheibenwischeranlagen als einzige Resonanz zu haben ist richtig absurd.
bayreuth4U: Du hast 2018 schon einmal in Bayreuth gelesen. Welche Erinnerungen hast du noch an die Stadt
Patrick Salmen: Ich erinnere mich, dass bei meiner Show im Liebesbier ein wahnsinnig nettes und engagiertes Team da war. Ich hatte damals voll die Vorurteile, weil ich dachte: Oh Gott, ich lese in so einem Bierschuppen und da sind bestimmt nur besoffene Leute. Aber dann war es total schön und das Publikum war sehr aufmerksam. Damals hatte ich wegen des Tourbetriebs wenig Zeit, aber dieses Mal werde ich einen Tag früher anreisen und mir Bayreuth in Ruhe anschauen.
bayreuth4U: Dein aktuelles Programm heißt „Ekstase“. Was versetzt dich denn nach fast zwei Jahren Pandemie in eks- tatische Zustände?
Patrick Salmen: Tatsächlich ganz viel. Zeit für sich zu haben – das ist die stille Ekstase in einem, die auch ohne Partyhütchen auskommt. Die Auftritte nach der langen Entzugsphase, Zeit mit den Kindern verbringen, Bücher lesen, Sport machen, solche Dinge eben. Die Ekstase des kleinen Mannes.
bayreuth4U: Wer oder was hat dich während der Kontaktbeschränkungen inspiriert?
Patrick Salmen: Das war tatsächlich für viele Künstler die größte Krux. Auf der einen Seite hat man so viel Zeit zum Schreiben und auf der anderen Seite fehlt einem die Inspiration. Man könnte den 120. Erziehungsratgeber oder noch ein Pandemiebuch schreiben, aber das will dann auch keiner mehr lesen. Humoristische Texte konnte ich während der Pandemie fast gar nicht schreiben, weil ich da auf Beobachtungen und aufgeschnappte Gesprächsfetzen angewiesen bin. Ich habe eher Sachen aus meiner Fantasie geschrieben, bereits sortierte Notizen zu einem längeren Fließtext verarbeitet und an meinem Roman gearbeitet, der doch eher rein fiktiv ist. Ansonsten kam meine Inspiration durch meine Kinder oder durch das Lesen, wodurch man auch irgendwie in andere Welten eintauchen kann.
bayreuth4U: In „Ekstase“ setzt du dich mit Trends wie „Hellofresh“ oder „Hygge“ auseinander. Welcher Hype beschäftigt dich im Jahre 2021.
Patrick Salmen: Ich glaube zurzeit ist das große Thema „Achtsamkeit“. Die aktive Langeweile oder sich um sich selbst kümmern ist etwas total Wichtiges, aber gleichzeitig ist dieses Wort schon so verbraucht. Es gibt zu viele dumme Ratgeber und alle machen einen spirituellen Kram draus und dann gehen mir solche wichtigen Themen irgendwann wieder auf den Keks. Am Ende ist es ja so, dass ich mich über mich selbst lustig mache, weil ich auch ein Opfer sol- cher Trends bin und die erzählten Situationen in meiner eigenen Bubble passieren. Aber im Moment kann ich zu urbanen Trends eigentlich gar nicht so viel sagen, weil ich mittlerweile in der Vorstadt lebe und hier nichts mehr mitbekomme. Hier spielt sich alles bei Tchibo oder in irgendwelchen Seniorencafés ab.
bayreuth4U: Mitte Juli hast du dein erstes Kinderbuch „Der gelbe Kranich“ veröffentlicht. Wie kam es dazu?
Patrick Salmen: Das war ein Projekt, dass etwa fünf Jahre lang in der Schublade lag. Durch die ganzen Live-Termine kam immer etwas dazwischen. Erst durch diese Zwangspause hatte ich keine Ausreden mehr, um nicht weiterzuschreiben. Das Buch ist ein richtiges Herzensprojekt und ich habe gemerkt, dass ich auch längerfristig Spaß am Kinderbuchgenre haben werde.
bayreuth4U: Sind demnächst auch Auftritte für ein Kinderpublikum geplant?
Patrick Salmen: Ich hatte schon drei Lesungen vor Kindern mit dem Buch und es hat mega viel Spaß gemacht. Es ist eine ganz andere Herausforderung, denn nicht alle Kinder hören eine Stunde lang brav zu und stellen danach viele Fragen. Manche rennen nach drei Minuten durch die Gegend, singen oder schneiden Grimassen. Das muss man ausblenden können. Außerdem sollte man versuchen, interaktive Abschnitte drin zu haben, wo die Kinder etwas mitsprechen oder mitsingen können. Es steckt viel pädagogische Arbeit dahinter und ist für zwischendurch eine große Freude. Ich weiß aber noch nicht genau, ob es viele Kinderlesungen werden. Die Eltern sind noch eher vorsichtig, wenn es darum geht, ihre Kinder in volle Theater zu schleppen. Also werde ich erst einmal schauen, wie sich das so entwickelt.
bayreuth4U: Welches Projekt steht als nächstes an?
Patrick Salmen: Ich habe bereits angefangen, ein zweites Kinderbuch zu schreiben. Das ist jetzt erst mal das Projekt für die nächsten zwei Monate und danach will ich endlich meinen Roman fertig schreiben. Das ist mittlerweile schon ein Running-Gag. Außerdem gibt es noch eine weitere Tour und mein neues Buch kommt auch bald. Es gibt viel zu tun.
Das Interview führte Alexandra Stolarski
Patrick Salmen ist am 29. September 2021 ab 20 Uhr im ZENTRUM zu Gast. Weitere Infos und Tickets unter www.comedyherbst.de.
Foto: Fabian Stuertz