Mit seinem Mix aus Rock, Pop und Klassik hat sich das Feuerbach Quartett in Bayreuth ein breites Publikum erspielt. Nach zweijähriger Zwangspause sind die vier im Rahmen der Bayreuth Summertime am 7. Juli am Kulturkiosk live zu erleben. Im Vorfeld des Konzerts sprachen wir mit Max, Lukas, Eugen und Jamila über ihre Pandemieerfahrungen, den Krieg in der Ukraine und die grenzüberschreitende Macht von Musik.
bayreuth4U: Im Juli seid ihr in Bayreuth unter dem Titel „Jetzt erst recht“ live zu erleben. Das perfekte Motto nach zwei Jahren Pandemie?
Max: In den letzten zwei Jahren hat sich viel angestaut – natürlich Missmut und Verzweiflung, aber auch viel Vorfreude und kreative Energie, die jetzt endlich raus muss! Hinzu kommt, dass wir dieses Jahr unser fünfjähriges Jubiläum in der aktuellen Besetzung feiern. Ein weiterer Grund, zu feiern.
bayreuth4U: Wie habt ihr selbst die Durststrecke überstanden?
Max: Am Anfang ging es uns wahrscheinlich wie vielen. Wir haben die Entschleunigung genossen, eine Pause vom ewigen Reisen. So war plötzlich viel Zeit für Privates; von Hochzeit bis Nachwuchs war alles dabei bei uns. Wir waren viel im Studio, haben viel Neues geschrieben – und so sind zwei neue Programme entstanden, mit denen wir jetzt durchstarten können. Wir hatten aber natürlich das Privileg, dass die letzten Jahre vor der Pandemie ziemlich erfolgreich waren. Das gab uns ein gewisses finanzielles Polster.
Lukas: Das letzte Mal, dass ich so viel Zeit vor dem Bildschirm verbracht habe, war zu längst vergangenen Zockerzeiten. So richtig überzeugen konnte das digitale Ausweichen aber nicht. Ich hab die Zeit dann genutzt und mir den Nervenkitzel einfach woanders geholt und einen Antrag gemacht und geheiratet (lacht).
bayreuth4U: Man sagt euch nach, mit einem Programm von Beethoven bis Michael Jackson die Grenzen der Kammermusik neu zu definieren. Hat euch diese Idee zusammengebracht?
Max: Zusammengebracht hat uns das Studium an der Musikhochschule Nürnberg. Damals wussten wir wenig über Beethoven und schon gar nichts über Michael Jackson – wir mussten lediglich alle vier (damals noch mit Jamilas Vorgängerin Anne) sogenannte „Kammermusikscheine” sammeln, also Nachweise, dass man Kammermusik spielt und Unterricht nimmt. Aktiv Popmusik zu spielen kam durch eine Kooperation mit der hier in Bayreuth ja sehr bekannten Band Huebnotix. Die hatten ein Streicherensemble gesucht, und sind so auf uns aufmerksam geworden. Als wir dann das erste Mal im ZENTRUM gespielt haben und das jubelnde Publikum sahen, dachten wir uns: Scheiß auf Mozart, so was will ich auch! Und dann kam Lukas in der nächsten Probe mit „Skyfall” um die Ecke, und der Rest ist Geschichte.
Lukas: Zum Namen kamen wir dann bei einer gemeinsamen Soirée in der Ludwig-Feuerbach-Straße im Feuerbach-Café. Und beim wiederholten Studieren der Getränkeliste blieb man immer wieder beim Namen Feuerbach hängen und der Name wurde im Laufe des Abends immer klangvoller – et voilà!
bayreuth4U: Ihr habt alle Musik studiert, einige von euch spielen bei renommierten Orchestern wie den Nürnberger Symphonikern. Wie unterscheidet sich diese Arbeit von der beim Feuerbach Quartett?
Max: Im Orchester geht es vor allem darum, sich in eine große Gruppe einzufügen. Im Feuerbach Quartett können wir unsere Musik dagegen selber schreiben, jeder kann sich solistisch präsentieren und die eigene Stimme ziemlich frei gestalten. Das Auswendigspielen, das freie Bewegen auf der Bühne und unsere individuellen Outfits kommen noch hinzu.
Jamila: Und ein 60-köpfiges Orchester ist nach dem Konzert auch deutlich schwieriger zum gemeinsamen Biertrinken zu bewegen als ein Quartett (lacht).
bayreuth4U: Nach Corona hat auch der Krieg in der Ukraine die Kulturszene erschüttert. Ihr selbst stammt aus Polen, Russland, Aserbaidschan und Deutschland – ein Beispiel für die grenzüberschreitende Kraft von Musik?
Max: Die Geschehnisse aus der Ukraine schockieren und belasten uns jeden Tag aufs Neue. In mancher Probe müssen wir innehalten, die Instrumente weglegen, und gemeinsam über die Geschehnisse sprechen – um es irgendwie verarbeiten zu können. Wir haben teilweise enge Familie und Angehörige aus der Ukraine. Manche konnten fliehen, manche sind aber noch dort. Ob wir durch unsere Musik die Probleme der Menschen in der Ukraine mildern können, wage ich zu bezweifeln. Aber wir können zumindest den Menschen, die unsere Musik hören und zum Beispiel – wie wir – durch Angehörige indirekt betroffen sind, dabei helfen, für einen Moment die schlimmen Gedanken und Sorgen beiseite zu lassen, und neue Kraft und Zuversicht zu tanken.
Eugen: Dem kann ich nur zustimmen. Schon beim Betreten einer Musikhochschule merkt man schon, dass es in der Musik keine Sprach- oder sonstige Barrieren gibt. Umso mehr hat es mich verwundert, als ich gelesen habe, dass manche Konzerthäuser russische Komponisten von ihren Spielplänen gestrichen haben. Das Verstummen ihrer Musik ist wenig zielführend und eröffnet weitere Konflikte.
bayreuth4U: Euer letztes Konzert in Bayreuth liegt lange zurück. Worauf dürfen sich die Fans bei eurem Konzert am Kulturkiosk freuen?
Max: Unser letztes Konzert in Bayreuth war die Premiere von „Born To Be Child“ im ZENTRUM. Obwohl wir aufgrund von Nachholterminen weiterhin mit dem Programm unterwegs sind, haben wir extra für unsere Rückkehr nach Bayreuth ein neues Spezial-Programm entworfen, das wir ausschließlich und einmalig am 7. Juli präsentieren werden. „Jetzt erst recht!” beinhaltet brandneue, besonders energetische Stücke. Und anlässlich unseres fünfjährigen Jubiläums dürfen sich treue Fans auch auf eine Art „Best-Of“-Auswahl der letzten Programme freuen, in der so mancher Song aus unseren frühesten Anfängen am 7.7.2022 sein Revival erleben könnte.
Tickets für das Konzert am 7. Juli am Kulturkiosk gibt es unter www.motion.gmbh.
Foto: Jürgen Klieber