Hoffnungsloser Romantiker – Jesper Munk im Interview

Mit seinem neuen Album „Favourite Stranger“ meldet sich der Münchner Singer-Songwriter Jesper Munk eindrucksvoll zurück. Vor seinem Konzert am 12. Oktober im Bayreuther ZENTRUM sprach Anna-Lena Späth mit dem Singer-Songwriter, der bereits mit seinem ersten Album als „Blues-Wunderkind“ gefeiert wurde.

bayreuth4U: Bereits mit deinem ersten Album „For In My Way It Lies“ wurdest du als „Wunderkind“ der Blues-Szene gefeiert. Wie fühlte sich das für dich an?
Jesper Munk: Ich glaube, dass solche Begriffe auch immer ein bisschen von verschiedenen Richtungen angespornt werden. Ich selbst bin kein großer Fan von so absoluten Begriffen – abgesehen davon, dass ich mich natürlich selbst überhaupt nicht so sehe. Für mich hat „Wunderkind“ eher etwas mit Leuten wie Jimi Hendrix oder Mozart zu tun. Es war aber sicher nett gemeint (lacht).

bayreuth4U: Wolltest du schon immer Musiker werden?
Jesper Munk: Ich wollte ehrlich gesagt nie das machen, was mein Vater macht, der in einer Band Bass spielt und singt. Und habe dann witzigerweise mit 16 angefangen, Bass zu spielen und in einer Reggae-Band Backing-Vocals zu singen (lacht). Anfangs habe ich mich auch etwas gesträubt – da waren ein paar Jungs, die mich gefragt haben, ob ich bei denen in der Band Bass spielen will, obwohl ich damals selbst gar nicht spielen konnte. Die hatten das falsch verstanden: Ich hatte zu Hause zwar einen Bass, aber mein Vater war Bassist, nicht ich. Zwei Monate später bin ich trotzdem im Proberaum gelandet und dann ging es relativ schnell. Ein Musiker hat mir das Bass spielen beigebracht und dann hat sich das so verselbstständigt.

bayreuth4U: Das Album „Boys Don’t Cry“ von The Cure, dessen Titel du auch auf deinem Körper als Tattoo trägst, ist eines deiner Lieblingsalben. Gibt es andere Künstler, die dich geprägt haben?
Jesper Munk: Auf jeden Fall! Es kommt immer etwas auf die Phase an. Jedes Vorbild deckt so ein bisschen unterschiedliche Gefühlswelten ab, man entdeckt ein bisschen was von dem in sich und ein bisschen was von dem. Ich würde sagen, dass Nick Cave eine große Rolle gespielt hat, aber auch David Bowie, Nina Simone oder Bauhaus.

bayreuth4U: Robert Smith von The Cure gilt als sehr melancholischer Musiker, auch deine Texte haben oft eine melancholische Note. Siehst du dich selbst als Pessimist?
Jesper Munk: Ich sehe mich nicht als Pessimist. Ich glaube, ich bin schon öfters negativ von dem beeinflusst, was bei uns passiert. Wenn einem ein Gefühl von Fairness wichtig ist, kann einem unsere Welt schon bisweilen traurig stimmen, vor allem, wenn man zu der Generation gehört, die alle Informationen vor sich liegen hat und nicht wirklich eine Lösung für ein faires Zusammenleben findet. Aber ein Pessimist ist eher jemand, der nicht wirklich optimistisch an einer Lösung arbeitet, weswegen es nicht ganz passt (lacht).

bayreuth4U: Also eher Optimist?
Jesper Munk: Keine Ahnung, irgendwo dazwischen, Realist passt auch nicht ganz. Ich weiß es nicht (lacht).

bayreuth4U: Was schätzt du am Musikerleben, was ist frustrierend?
Jesper Munk: Ich schätze am meisten, dass ich nicht in einem täglichen Muster gefangen bin. Man hat die Freiheit, sich den Tag über ein bisschen sensibler umzusehen, was hilft, verschiedene Blickwinkel einzusammeln. Und ich komme relativ viel rum, was ich sehr schön finde und manchmal anstrengend. Das Frustrierendste ist, dass die Musik ein bisschen ihre eigene Karikatur geworden ist. Wir sind jetzt nicht mehr weit davon entfernt, den Inhalt wie im Filmbusiness mit viel Geld mega zu drücken, was sehr schade wäre. Man kann das Musikgeschäft oder die Radiomechanismen nicht mehr ganz ernst nehmen, weil dort nach einfachen Mechanismen und wirtschaftlichen Algorithmen gearbeitet wird und nicht nach Inhalt.

bayreuth4U: Dein drittes Album „Favourite Stranger“ ist ein eher romantisches und sinnliches Album. Bist du ein Romantiker?
Jesper Munk: Ich würde schon sagen, dass ich so ein bisschen ein hoffnungsloser Romantiker bin. Ich tappe auch immer wieder in verschiedene naheliegende Fallen, was manchmal gut und manchmal schlecht ist. Egal wie sehr ich das rationalisiere – ich komme immer wieder in die gleiche Zwickmühle (lacht).

bayreuth4U: Das allgegenwärtige Thema Gender beschäftigt auch dich. Beim Video-Dreh zu „Happy When I’m Blue“ in China schlüpfst du selbst in ein Brautkleid. War das deine Idee?
Jesper Munk: Nein, das war die Idee unseres Fotografen Lewis Lloyd. Es hat ganz gut zum Inhalt gepasst. Ich bin relativ fluid, was meinen Ausdruck und meine Körpersprache betrifft, da gibt es auf jeden Fall mehrere Seiten. Es war ein bisschen witzig – wir hatten Schiss, dass wir in diesem Hochzeitsfoto-Park in Fake Paris in China mit dem Brautkleid und dem Nagellack und dem Lippenstift doch das ein oder andere Foto bomben. Aber die waren alle entspannt. Es war auf jeden Fall kein einfacher Dreh: Es war arschkalt, minus 10 Grad und ich war nackt in diesem Brautkleid (lacht). Also auf jeden Fall sehr spannend.

bayreuth4U: Was erwartet deine Fans am 12.10. im Bayreuther ZENTRUM?
Jesper Munk: Wir spielen im Moment ein Set, dass zur Hälfte aus den letzten zwei Alben besteht und zur Hälfte aus dem neuen. Außerdem habe ich auch immer ein bis zwei neue Songs dabei, die ich alleine ausprobiere und unter dem Druck der Live-Situation auch gerne versuche, auf der Bühne weiterzuentwickeln. Aber wir spielen jetzt auch in der Besetzung erst seit einem Jahr, das heißt, es sind auch für uns selbst immer Überraschungen dabei (lacht).

Jesper Munk live im ZENTRUM, 12.10.2018, 20.00 Uhr
Tickets unter www.motion-ticket.de und an allen bekannten VVK-Stellen.

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